Bau der Diatomeenschale

Allgemeiner Aufbau

Die Schale der Diatomeen besteht aus amorpher Kieselsäure, sie hat die Form einer Käseschachtel, ist also aus einem kleineren Boden (Hypotheka) und einem größeren Deckel (Epitheka) zusammengesetzt. Beide Schalen sehen gewöhnlich gleich aus. Die überlappenden Ränder der Schachtel werden als Gürtelbänder bezeichnet (Abb.1). Im lebenden Zustand sind die Schalen von einer pektinähnlichen Membran umhüllt, die lichtoptisch praktisch unsichbar ist - das Skelett der Diatomeen ist somit ein Endoskelett. Zahlreiche Gruppen bilden Kolonien, wobei die einzelnen Schalen über "Pektinbrücken" ("Schleimbrücken") zu langen Ketten miteinander verbunden sind. Beim Präparieren der Schalen mit Säure zerfallen derartige Ketten natürlich und man erhält isolierte Theken, die einen ganz anderen Habitus vortäuschen.

Für die Bestimmung ist es zunächst wichtig festzustellen, ob man die Schalen "von oben" betrachtet (Valvaransicht) oder von der Seite (Gürtelbandansicht). Bei nadelförmigen oder würfelförmigen Formen ist dies nicht immer leicht! Es ist daher zweckmäßig, auch dicke Präparate anzufertigen, in denen die Schalen in allen möglichen Orientierungen liegen; sehr informativ sind oft auch zerbrochene Schalen, da diese regelrechte "Einsichten" gewähren.

Actinoptychus
Valvaransicht

Melosira
Gürtelbandansicht
Paralia
Gürtelbandansicht

Zur Isolierung reiner Theken stehen zwei Verfahren zur Verfügung:

1. Man bringt das Material auf einen Objektträger, läßt eintrocknen und erhitzt den Objektträger dann einige Stunden lang in einem kleinen Elektroofen auf ca. 450 0C, wobei alles organische Material verbrennt. Die Präparate enthalten dann zwar nach wie vor viel Schluff, Kolonien bleiben jedoch erhalten (vgl. Melosira). Dieses Verfahren ist allerdings nur bei rezentem Material anwendbar.

2. Die Probe wird längere Zeit in einem Gemisch aus Säure und einem Oxidationsmittel erhitzt (es gibt zahlreiche Arbeitsvorschriften). Hierbei geht zusätzlich auch kalkiges Material vollständig in Lösung, ferner ein Teil der tonigen Beimengungen. Nach dem Abschlämmen ist das Material sehr sauber, die Kolonien sind jedoch zerfallen. Bemerkenswert ist Paralia (s.o.): Da die Theken benachbarter Zellen über "Klammern" aus Kieselsäure verbunden sind, bleiben diese Verbindungen erhalten - der Zerfall erfolgt zwischen den Theken derselben Zelle.

 

Feinstruktur der Schale

Gewöhnlich zeigen beide Theken eine Feinstruktur aus Poren (Areolen) oder Schlitzen. Im REM lassen sich drei (wahrscheinlich vier) Wandtypen unterscheiden:

1. Poren oder Schlitze durchsetzen die Wand vollständig, Außen- und Innenansicht der Theka im REM identisch (Naviculatyp). Dieser Wandtyp ist bei vielen sehr kleinen Formen zu beobachten.

2. Die Wand besteht außen aus einer tragenden Struktur, der innen eine äußerst dünne, mit feinsten Poren durchbrochene Kieselsäuremembran aufgelagert ist (Pinnulariatyp).

3. Die Wand besteht innen aus einer tragenden Struktur, der außen eine äußerst dünne, mit feinsten Poren durchbrochene Kieselsäuremembran aufgelagert ist (Epithemiatyp).

4. Der tragenden Struktur der Wand sind beidseitig (?) dünne, von Poren durchbrochene Membranen aufgelagert (Coscinodiscustyp).

Da die dünne Membran im REM undurchsichtig ist, unterscheiden sich im Falle 2 bis 4 Außen- und Innenansicht der Theken im REM erheblich; im Lichtmikroskop ist die Membran dagegen unsichtbar, allenfalls kann man sie bei einigen Triceratiumarten erahnen, man erkennt daher stets nur die tragende Struktur - die eigentliche Feinstruktur bleibt im Falle 2 bis 4 im Lichtmikroskop verborgen.

Naviculatyp
Navicula Gyrosigma Diploneis
Pinnulariatyp
Triceratium
Außenansicht
Triceratium
Innenansicht
Triceratium
Innenansicht
Epithemiatyp

Epithemia
Außenansicht

Epithemia
Außenansicht
Epithemia
Innenansicht
Coscinodiscustyp
Coscinodiscus

 

Die Raphe

Die Theken der Ordnung Pennales sind in Längsrichtung von der sog. Raphe durchzogen, die aus zwei Raphenästen besteht. Es handelt sich hierbei um zwei Schlitze, durch die Zellinhalt nach außen tritt und entlang der Schlitze zwei Proteinfäden bildet, die in Längsrichtung bewegt werden, so daß die Diatomee auf diesen Fäden wie auf zwei Raupenketten langsam kriechen kann. Diese Raphe (und der Raphenpol) ist für die Bestimmung (leider!) von großem diagnostischen Wert, denn sie kann nicht nur viele Formen annehmen, sie ist oft auch seitlich verlagert (und dann schwer zu erkennen!), sie kann reduziert sein (schwer zu erkennen!), sie kommt gelegentlich, wie bei Cocconeis, nur bei einer der beiden Theken vor oder sie fehlt sogar ganz, wie bei den koloniebildenden Fragilariaceae. Schließlich kann sie zu einer hochspezialisierten "Kanalraphe" umgebildet sein, wie z.B. bei den Epithemiaceae und den Surirellaceae, die dann obendrein auch noch an den Schalenrand verlagert sein kann (Surirellaceae).

Diese Kanalraphe ist, wie schon der Name sagt, ein Kanal, welcher der Theka gewöhnlich aufliegt und der die Theka nicht mehr in ganzer Länge als Schlitz durchzieht. Nur noch wenige Poren verbinden ihn mit dem Zellinneren. Nicht selten ist eine solche Kanalraphe zusätzlich noch gekielt und seitlich an den Rand der Theka verschoben.

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