J.D.MÖLLERS TYPENPLATTEN WIEDERENTDECKT

   
   

Im Jahre 1864 gründete JOHANN DIEDRICH MÖLLER (1844 - 1907) in Wedel bei Hamburg die Firma J.D.MÖLLER, die u.a. mikroskopische Präparate vertrieb. J.D.MÖLLER war ein künstlerisch begabter Unternehmer und Diatomeenliebhaber, der es verstand, viele hundert Diatomeen mit Hilfe einer sehr feinen Borste auf einem mit Klebstoff vorbehandelten Deckglas regelmäßig anzuordnen. Je nach Verwendungszweck legte er "Typenplatten", bei denen die Objekte zeilenweise angeordnet sind, ferner "Rundpräparate", bei denen die Objekte einen Kreis bilden, und schließlich "Salonpräparate", bei denen die Diatomeen in regelmäßigen geometrischen Muster angeordnet sind. Derartige "Legeplatten" werden auch heute noch von Liebhabern gelegentlich hergestellt, aber J.D.MÖLLER ist unter Fachleuten eine Legende: Nie wieder wurden derart große Legeplatten (mit z.T. über 4000 verschiedenen Diatomeen!) mit einer derartigen Präzision und ästhetischen Wirkung geschaffen.

Bis vor wenigen Jahren galten die besten, von J.D.MÖLLER selbst 1890 in einem Katalog beschriebenen und fotografisch dokumentierten Präparate, als verschollen. Auch seine Legetechnik hatte J.D.MÖLLER mit ins Grab genommen, denn es war klar, daß er in der Lage gewesen sein musste, die Diatomeenschalen vor dem endgültigen Aufkleben noch nachzujustieren, und eben das läßt die übliche Klebetechnik kaum zu.

Im Jahre 2002 begann sich Herr M.BURBA, Mitglied der MIKROBIOLOGISCHEN VEREINIGUNG, gezielt für das Schicksal der genannten Präparate zu interessieren. Langwierige Recherchen in verschiedenen Archiven und Museen führte zum Wiederauffinden der MÖLLERschen Legeeinrichtung sowie einer Vielzahl von Präparaten, daneben von Labortagebüchern MÖLLERS. Auf dieser Basis konnte die MÖLLERsche Legetechnik weitgehend aufgeklärt werden. Sogar der Verbleib der größten je hergestellten Typenplatte mit mehr als 4000 gelegten Diatomeen auf einer Fläche von 5x7mm konnte ermittelt werden.

SALONPRÄPARATE

Während des 19. Jahrhunderts wurde es in großbürgerlichen Kreisen modern, regelmäßige Treffen "interessanter Zeitgenossen" (Künstler, Philosophen, Wissenschaftler) zu organisieren. Das Arrangieren dieser "Salons" oblag der Dame des Hauses, deren Sozialprestige durch derartige Veranstaltungen natürlich wuchs, wobei sich gleichzeitig ein gesellschaftlich anerkanntes Betätigungsfeld eröffnete. Es wurde aber nicht nur diskutiert, es wurden auch "exotische Raritäten" im weitesten Sinne gezeigt, u.a. auch sogenannte "Salonpräparate" - kunstvoll arrangierte Legeplatten, die entweder formschöne geometrische Muster zeigten (s.o), oder sogar Bilder, gelegt aus Diatomeen, Flügelschuppen von Schmetterlingen und kleinen Hartteilen mariner Tiere. Der Durchmesser dieser Kunstwerke lag bei 1 - 2 mm, sie wurden durch spezielle schwach vergrößernde Mikroskope betrachtet, wobei die einzelnen Elemente dann in prachtvollen Interferenzfarben erscheinen. Der Preis dieser Präparate war erheblich: Er lag um 1880 zwischen 400 und 800 Mark (zum Vergleich: 1913 lag der Preis eines Einfamilienhauses nebst Grundstück bei 6000 Mark). Heute erzielen besonders schöne Präparate Liebhaberpreise von bis zu EUR 24000.

Ein weiterer beliebter Präparatetyp, hier nicht gezeigt, waren Fotografien von Landschaften, Kunstobjekten oder Zeitungsseiten, mit Hilfe eines speziellen Verfahrens auf 2x2 mm verkleinert - diese Präparate sind die Vorläufer des "Microdot-Verfahrens", mit dessen Hilfe später Spionagematerial geschmuggelt wurde.

Im Zuge der Recherchen über den Verbleib der MÖLLER-Platten gelang es Herrn M.BURBA auch, etliche dieser Salonpräparate aufzufinden. Gewöhnlich wurden die Präparate in Canadabalsam eingeschlossen, dem man eine größere Menge Monobromnaphthalin zusetzte, um den Brechungsindex zu erhöhen. Das allmähliche Verdunsten dieser Flüssigkeit führte in vielen Fällen zum Schrumpfen des Einschlußmittels, aber es gelang, diese Präparate zu restaurieren. Wir zeigen hier einige besonders schöne Exemplare.

 
       
 
       
 
       
   
       

Mit freundlicher Genehmigung der Eigentümer der Präparate

Wegen der historischen Bedeutung des Themas, aber auch wegen der Schönheit der Präparate, richtete das Zoologische Museum (Hamburg) vom 16.11.2007 bis zur Mitte des Jahres 2009 eine J.D.MÖLLER gewidmete Ausstellung aus, deren Ausstellunskatalog hier wiedergegeben wird.

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